Einleitung: Die Ressourcensteuer – oft übersehen, aber strategisch wichtig
Sehr geehrte Investoren, die Sie sich mit dem chinesischen Markt befassen, herzlich willkommen. Mein Name ist Liu, und ich blicke auf über 12 Jahre Erfahrung bei der Jiaxi Steuer- und Finanzberatungsgesellschaft zurück, wo ich schwerpunktmäßig ausländische Unternehmen in allen steuerlichen und finanziellen Belangen betreut habe. In dieser Zeit ist mir immer wieder aufgefallen, dass eine Steuerart von vielen Investoren zunächst stiefmütterlich behandelt wird: die Ressourcensteuer. Man konzentriert sich auf Körperschaftssteuer, Mehrwertsteuer, vielleicht noch die Grundsteuer – aber die Ressourcensteuer? Die scheint nur für Bergbaukonzerne relevant zu sein. Das ist ein Trugschluss, der teuer werden kann. Denn die Ressourcensteuer berührt direkt die Rohstoffkostenbasis und damit die Profitabilität ganzer Wertschöpfungsketten. Die Reform von 2020 hat hier noch einmal deutlich aufgeräumt und das System modernisiert. In diesem Artikel möchte ich mit Ihnen, basierend auf meiner praktischen Erfahrung, einen detaillierten Blick auf den Umfang und die Sätze der chinesischen Ressourcensteuer werfen. Wir schauen uns nicht nur das trockene Gesetz an, sondern vor allem, was es für Ihr Investment oder Ihr operatives Geschäft in China bedeutet. Legen wir also los.
Steuerpflicht: Wer muss eigentlich zahlen?
Der erste und wichtigste Punkt: Wer ist überhaupt steuerpflichtig? Das Gesetz definiert dies klar: Steuerpflichtig ist, wer im Inland ermächtigte Ressourcen abbaut oder Grundwasser entnimmt. Das klingt einfach, hat aber Tücken. „Ermächtigt“ bedeutet, dass eine behördliche Genehmigung vorliegen muss – sei es für eine Mine, einen Steinbruch oder auch für die großvolumige Grundwasserentnahme für die industrielle Produktion. Ein Fall aus meiner Praxis: Ein deutscher Investor wollte ein Werk zur Herstellung hochreiner Quarzsande errichten. Das Rohmaterial sollte aus einem nahegelegenen Vorkommen stammen. In seiner Kalkulation war nur der Landkauf und die Erschließung enthalten. Erst in der Due-Diligence-Phase stellten wir fest, dass für den Abbau des Quarzes eine eigene Bergbaulizenz und damit eine Ressourcensteuerpflicht entstehen würde. Das hat die Wirtschaftlichkeitsrechnung deutlich verändert. Der Umfang erfasst also nicht nur die „klassischen“ Bodenschätze wie Kohle, Eisenerz oder Öl, sondern auch nicht-metallische Mineralien wie Quarz, Kalkstein, Ton – also genau die Materialien, die viele verarbeitende Industrien benötigen.
Ein weiterer, oft übersehener Punkt ist die Entnahme von Grundwasser. Für viele Produktionsstätten, besonders in wasserintensiven Branchen wie der Lebensmittelverarbeitung, Chemie oder Textilien, ist die eigene Wasserversorgung via Brunnen verlockend. Ab einem bestimmten Entnahmevolumen schlägt hier jedoch die Ressourcensteuer zu. Die lokalen Behörden haben hier Spielräume bei der Festlegung der Schwellenwerte und Sätze. Ein Klient von uns in der Provinz Jiangsu musste nach einer behördlichen Überprüfung plötzlich für Jahre nachversteuern, weil die Entnahmemengen nicht korrekt dokumentiert und gemeldet worden waren. Die Nachzahlung inklusive Säumniszuschläge war beträchtlich. Daher mein Rat: Klären Sie frühzeitig, ob Ihre geplante Tätigkeit – auch wenn sie auf den ersten Blick nicht „bergbaulich“ erscheint – in den Umfang der Ressourcensteuer fällt. Ein Check mit einem lokalen Experten kann hier böse Überraschungen vermeiden.
Bemessungsgrundlage: Wie wird die Steuer berechnet?
Nachdem wir geklärt haben, wer zahlen muss, kommt die nächste Schlüsselfrage: Auf welcher Basis? Hier hat die Reform 2020 einen großen Wandel gebracht. Früher gab es eine Mischung aus Mengen- und Wertsteuern. Heute gilt überwiegend das Prinzip der ad-valorem-Besteuerung, also Besteuerung nach dem Wert der geförderten Ressource. Konkret: Die Bemessungsgrundlage ist der Verkaufspreis oder ein behördlich festgelegter Wert multipliziert mit der verkauften oder entnommenen Menge. Das klingt technisch, ist aber enorm wichtig für die Planung. Für Sie als Investor bedeutet das: Die Steuerlast steigt und fällt mit dem Marktpreis der Ressource. In Boom-Phasen steigen nicht nur Ihre Erlöse, sondern auch Ihre Steuerbelastung. Umgekehrt sinkt sie in schwachen Märkten. Das schafft eine gewisse Fairness, aber auch Planungsunsicherheit.
In meiner Arbeit sehe ich oft, dass Unternehmen die genaue Dokumentation der Bemessungsgrundlage vernachlässigen. Der Steuerbehörde muss nicht nur die Absatzmenge, sondern auch die zugrunde gelegten Preise plausibel dargelegt werden können. Bei verbundenen Unternehmen oder internen Verrechnungspreisen kann es hier schnell zu Diskussionen kommen. Ein Beispiel: Ein Joint-Venture im Graphitbergbau verkaufte das Rohmaterial an seine eigene, im Ausland befindliche Verarbeitungstochter zu einem intern festgelegten Preis. Die lokale Steuerbehörde war der Ansicht, dieser Preis liege unter dem marktüblichen Niveau und setzte einen „angemessenen“ Wert für die Bemessungsgrundlage fest. Die Folge war eine erhebliche Steuernachforderung. Wir konnten in diesem Fall nur durch eine detaillierte Vergleichsmarktanalyse und Verhandlungen eine für den Klienten akzeptable Lösung erzielen. Daher: Dokumentation und Transfer-Pricing-Strategie sind bei der Ressourcensteuer absolut zentral.
Steuersätze: Ein Flickenteppich mit System
Kommen wir zum Herzstück: die Sätze. Hier gibt es keine einfache, landesweit einheitliche Tabelle. Das System ist bewusst flexibel gestaltet. Der Staatsrat legt für jede Ressourcenart einen Bandbreiten-Satz fest, innerhalb dessen die Provinzen, autonomen Gebiete und regierungsunmittelbaren Städte ihren konkreten Satz bestimmen können. Nehmen wir Kohle als Beispiel: Der gesetzliche Satzrahmen liegt zwischen 2% und 10%. Eine kohlefördernde Provinz wie Shanxi oder Innere Mongolei wird den Satz tendenziell am oberen Ende der Skala ansetzen, während eine Provinz mit geringerer Bedeutung vielleicht niedriger bleibt. Das Gleiche gilt für Sand, Kies oder Grundwasser – hier haben die lokalen Regierungen erheblichen Gestaltungsspielraum.
Für Sie als Investor bedeutet das: Eine Standortentscheidung kann sich auch über die Ressourcensteuer signifikant auf die Kosten auswirken. Bevor Sie in eine Anlage investieren, die lokal Ressourcen entnimmt (sei es Kies für die Betonherstellung oder Wasser für die Brauerei), müssen Sie den konkreten, lokalen Satz recherchieren. Diese Informationen sind in den „Ressourcensteuer-Durchführungsmaßnahmen“ der jeweiligen Provinz zu finden. Ein Tipp aus der Praxis: Oft sind die niedrigsten Sätze in Regionen zu finden, die diese Industrie gezielt fördern wollen. Es lohnt sich also, im Rahmen der Standortwahl auch mit den lokalen Investitionsförderbehörden über dieses Thema zu sprechen. Aber Vorsicht: Sätze können geändert werden! Einige Provinzen passen ihre Sätze in den letzten Jahren regelmäßig an, oft nach oben. In Ihre langfristige Planung sollte also eine gewisse Pufferung für mögliche Satzerhöhungen einfließen.
Befreiungen & Ermäßigungen: Die oft verpassten Chancen
Nicht jeder Abbau und jede Entnahme wird voll besteuert. Das Gesetz sieht eine Reihe von Steuerermäßigungen und -befreiungen vor, die für viele Unternehmen relevant sein können. Diese sind aber oft an spezifische Bedingungen geknüpft und werden in der Hektik des Tagesgeschäfts leicht übersehen. Eine der wichtigsten Regelungen betrifft die Förderung von Erdöl und Erdgas. Für die Förderung aus Tiefseequellen oder aus Gebieten mit extrem erschwerten Bedingungen (z.B. sehr dünne Lagerstätten) können erhebliche Ermäßigungen bis hin zu 30% gewährt werden. Die Beantragung ist jedoch aufwendig und erfordert den Nachweis der fördertechnischen Schwierigkeiten.
Ein weiterer, praktisch sehr relevanter Punkt ist die Rückführung von Abfall- oder Begleitmaterialien. Nehmen wir den Fall eines Kupferbergwerks. Bei der Aufbereitung des Erzes fallen große Mengen an taubem Gestein an. Wird dieses Material für die Verfüllung der ausgebeuteten Stollen genutzt, kann dies von der Steuerbemessungsgrundlage abgezogen werden. Ein Klient von uns hatte jahrelang diese Kosten einfach als Entsorgungskosten verbucht, ohne die steuerliche Entlastungsmöglichkeit zu nutzen. Nach einer Prüfung und entsprechender Antragstellung konnte eine erhebliche Steuererstattung für die vergangenen drei Jahre erwirkt werden. Mein Appell: Prüfen Sie Ihr Geschäftsmodell genau im Lichte dieser Vergünstigungen. Oft steckt hier echtes Geld drin, das aber nur mit fachkundiger Hilfe und guter Dokumentation zu heben ist.
Meldung & Zahlung: Die administrative Herausforderung
Die beste Kenntnis von Sätzen und Vergünstigungen nützt nichts, wenn das Melde- und Zahlverfahren nicht beherrscht wird. Die Ressourcensteuer ist eine monatlich zu entrichtende Steuer. Die Selbstdeklaration und Zahlung muss in der Regel bis zum 15. des Folgemonats bei der zuständigen Steuerbehörde erfolgen. Der Ort ist der Ort der Ressourcengewinnung, nicht der Sitz des Unternehmens. Das bedeutet für Unternehmen mit mehreren Abbau- oder Entnahmestellen über verschiedene Regionen verteilt: Sie müssen für jede einzelne Stelle eine separate Steuererklärung abgeben, oft bei unterschiedlichen lokalen Behörden. Das ist ein administrativer Aufwand, der nicht unterschätzt werden darf.
In meiner Beratungstätigkeit erlebe ich oft, dass ausländisch geführte Unternehmen hier an der internen Kommunikation scheitern. Die Buchhaltung im Headquarters hat keine genauen Daten von der Produktionsstätte vor Ort, und die lokalen Manager priorisieren die Steuermeldung nicht hoch genug. Es kommt zu Verspätungen, ungenauen Meldungen und damit zu Säumniszuschlägen und sogar Strafen. Ein strukturierter, interner Prozess zur monatlichen Erfassung der geförderten/entnommenen Mengen, der angewendeten Preise und der berechneten Steuer ist unerlässlich. Ein praktischer Tipp: Bauen Sie eine gute Beziehung zur lokalen Steuerbehörde am Standort auf. Oft sind diese Beamten bereit, bei Unklarheiten im Vorfeld informell Auskunft zu geben – das kann viele Probleme von vornherein vermeiden. Denken Sie daran: In China ist der Beziehungsaufbau ("Guanxi") im Steuerbereich kein Nebenschauplatz, sondern ein essentieller Teil des Risikomanagements.
Zusammenfassung & Ausblick
Zusammenfassend lässt sich sagen: Die chinesische Ressourcensteuer ist ein komplexes, lokal differenziertes und dynamisches Feld. Für Investoren ist es entscheidend, den Umfang der Steuerpflicht für ihr konkretes Vorhaben frühzeitig zu prüfen, die lokalen Steuersätze und Bemessungsgrundlagen genau zu analysieren und die administrativen Anforderungen nicht zu unterschätzen. Die Reform von 2020 hat das System transparenter und marktorientierter gemacht, aber auch den Planungsaufwand erhöht. Die möglichen Vergünstigungen bieten Chancen, die jedoch proaktiv genutzt werden müssen.
In die Zukunft blickend, erwarte ich, dass der ökologische Aspekt der Steuer weiter an Gewicht gewinnen wird. Schon heute gibt es in einigen Pilotregionen diskutierte Modelle, die Sätze an den Umweltfolgen des Abbaus auszurichten. Ein „grünerer“ Ressourcensteuersatz könnte kommen. Für nachhaltig agierende Unternehmen könnte das langfristig sogar ein Wettbewerbsvorteil werden. Meine persönliche Einsicht nach all den Jahren: Wer in China in ressourcenintensive Sektoren investiert, sollte die Ressourcensteuer nicht als bloßen Kostenpunkt sehen, sondern als integralen Bestandteil seiner Geschäfts- und Standortstrategie. Eine fundierte Beratung hier ist keine Ausgabe, sondern eine Investition in Planungssicherheit und Rentabilität.
Einschätzung der Jiaxi Steuer- und Finanzberatung
Bei der Jiaxi Steuer- und Finanzberatungsgesellschaft begleiten wir seit vielen Jahren internationale Klienten bei ihren Projekten in ressourcenrelevanten Sektoren in China. Unsere Erfahrung zeigt, dass das Thema Ressourcensteuer zu oft im „Blinden Fleck“ des Managements liegt. Die größten Risiken entstehen nicht durch die Steuer an sich, sondern durch Unwissenheit und unzureichende Prozesse. Ein systematischer, dreistufiger Ansatz hat sich bewährt: Erstens, eine Due-Diligence-Prüfung vor Investition, die explizit die Ressourcensteuerpflicht und die historischen Steuerpositionen des Zielunternehmens umfasst. Zweitens, die Implementierung robuster interner Kontrollen (IC) für die monatliche Erfassung und Meldung der relevanten Daten. Drittens, ein proaktives Beziehungsmanagement zu den lokalen Steuerbehörden, um im Zweifelsfall frühzeitig Klärung zu suchen.
Wir beobachten zunehmend, dass die chinesischen Behörden durch den Einsatz von Big Data und der Golden-Tax-IV-Plattform in der Lage sind, Förder- und Verkaufsdaten verschiedener Quellen abzugleichen. Unstimmigkeiten fallen schneller auf. Daher ist eine korrekte und konsistente Dokumentation heute wichtiger denn je. Unser Rat an Investoren: Bauen Sie intern oder mit externen Beratern Kompetenz zu diesem speziellen Steuerthema auf. Die Rendite dieser Investition zeigt sich in vermiedenen Nachzahlungen, genutzten Vergünstigungen und einem reibungsloseren Betrieb vor Ort. Die Ressourcensteuer mag auf den ersten Blick ein Nischenthema sein – aber in der Praxis ist sie ein nicht zu unterschätzender Faktor für den langfristigen Erfolg Ihres Engagements in China.